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Auskunftspflicht der Hausverwaltung gegenüber Eigentümern – Was dürfen Eigentümer wissen?

Als Wohnungseigentümer möchte man sicher sein, dass die Hausverwaltung die Verwaltungsaufgaben erfüllt und keine bösen Überraschungen erleben. Doch, wie können Eigentümer Einsicht in die Unterlagen des Hausverwaltung bekommen? Gibt es eine Auskunftspflicht der Hausverwaltung gegenüber den Eigentümern? In welchem Umfang muss die Hausverwaltung Informationen erteilen?

Der nachfolgende Artikel erklärt Eigentümern welche Informationsrechte sie haben und ob eine Auskunftspflicht der Hausverwaltung besteht.

I. Auskunftspflicht wegen Informations- und Einsichtsrecht der Eigentümer

Eine allgemeine Pflicht zur Auskunftserteilung ergibt sich im Innenverhältnis zwischen der Hausverwaltung und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus dem Verwaltervertrag gem. § 675 BGB. Danach muss die Hausverwaltung die Pflichten der ordnungsgemäßen Verwaltung gegenüber der  Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG-Gemeinschaft)  erfüllen.

Bestenfalls müssen sie  daher ihr Informationsrecht nicht separat geltend machen: Die Hausverwaltung bzw. der Verwalter informiert üblicherweise die Eigentümer im Rahmen der Eigentümerversammlung über den aktuellen Stand der Verwaltung und die Ereignisse des Vorjahrs. Gibt es einen Verwaltungsbeirat bekommt dieser im Regelfall auch außerhalb der Eigentümerversammlung laufend Informationen zu den aktuellen Verwaltungshandlungen.

Will ein einzelner Wohnungseigentümer Informationen und Auskünfte von der Hausverwaltung erlangen, kann er sich nicht auf den Verwaltervertrag berufen. Das kann nur die Gemeinschaft. Der einzelne Eigentümer braucht einen eigenen Anspruch:

1. Gibt es ein Einsichtsrecht für einzelne Eigentümer?

Ja. Es kann schließlich sein, dass einzelne WEG-Eigentümer oder die Gemeinschaft ein berechtigtes Interesse haben, sich auch außerhalb der Eigentümerversammlung über den aktuellen Stand der Verwaltung und die Erledigung gewisser einzelner Verwaltungsaufgaben zu informieren.

Zu diesem Zweck gibt es im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ein gesetzliches verankertes Recht der Eigentümer auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen: Nach § 18 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer von der WEG-Gemeinschaft Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen.

Dieser Anspruch besteht grds. für jeden einzelnen Eigentümer gegenüber der WEG-Gemeinschaft  und nicht direkt gegenüber der Hausverwaltung bzw. dem Verwalter. Da die WEG-Gemeinschaft im Verhältnis zu den einzelnen Eigentümern durch die Hausverwaltung vertreten wird, ist der Verwalter in der Praxis auch derjenige, der das Einsichtsrecht gewähren muss.

Angemerkt sei hier, dass das Einsichtsrecht im Einzelfall auch einem ausgeschiedenen Eigentümer zustehen kann, denn dieser hat Auskunftsansprüche hinsichtlich der ordnungsgemäßen Verwaltung ,  die während seiner Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft begründet wurden.

2. Welchen Umfang hat die Auskunftspflicht der Hausverwaltung beim Einsichtsrecht?

Der Umfang des Einsichtsrechts bezieht sich auf sämtliche Verwaltungs-/Unterlagen der WEG-Gemeinschaft. Geregelt ist ein reines Einsichtsrecht. D.h. der einzelne Eigentümer kann dem Wortlaut nach keine Auskunft verlangen, sondern nur die Einsichtnahme, z.B. im Büro der Hausverwaltung etc.

Eine Einschränkung welche Weg-Verwaltungsunterlagen die Eigentümer insoweit einsehen dürfen, gibt es nicht. Das Einsichtsrecht in die WEG-Unterlagen ist umfassend. Es bezieht sich z.B. unter anderem auf die Beschlusssammlung, die Versammlungsprotokolle und Verträge mit Handwerkern etc.  Die einzigen Begrenzungen sind das Verbot des Rechtsmissbrauchs  nach § 242 BGB und das Schikaneverbot nach § 226 BGB (Landgericht (LG) Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20

Andere Auskünfte, also z.B. am Telefon oder per E-Mail etc. sind vom Einsichtsrecht nicht umfasst. So urteilte z.B. das LG Düsseldorf, dass ein Wohnungseigentümer durch das Einsichtsrecht keinen Anspruch auf Übermittlung einer Eigentümerliste hat, in der die E-Mail-Adressen der Wohnungseigentümer enthalten sind (Urteil vom 4.10.2018, Az.: 25 S 22/18).

3. Was passiert, wenn das Einsichtsrecht nicht gewährt wird?

Kommt der Verwalter dem Auskunftsverlangen der WEG- Gemeinschaft nicht nach und erfüllt seine Auskunftspflicht durch Gewährung der Einsichtnahme nicht, kann der Anspruch des Einsichtsrechts gerichtlich durchgesetzt werden.

Die WEG- Gemeinschaft kann selbst die Klage erheben nach  § 9 a Abs. 1 WEG. Vertreten wird die WEG-Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter nach § 9 b Abs. 2 WEG durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder einen durch Beschluss dazu ermächtigten Wohnungseigentümer der WEG-Gemeinschaft.

II. Welche weitere Auskunftspflicht hat die Hausverwaltung?

Die einzelnen Wohnungseigentümer können grds. neben dem Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen nach § 18 Abs. 4 WEG auch eine weiteres Informationsrecht in Form eines Auskunftsanspruchs haben. Das folgt bereits daher, dass in  § 18 Abs. 4 WEG durch den Gesetzgeber nur ein Recht auf Einsicht garantiert wird (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20).

Damit wird zwar im Hinblick auf  die Informationsrechte des einzelnen Wohnungseigentümers der Kern dieser Rechte gewährt, sie sind aber nicht abschließend in § 18 Abs. 4 WEG geregelt (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20; m. w. Nw.: Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 374).

Es bestehen vielmehr weitergehende Auskunftsansprüche, die auch mit dem Vermögensbericht in § 28 Abs. 4 WEG nicht erschöpfend geregelt sind (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20). Als rechtliche Grundlage kommt z.B. ein Auskunftsanspruch aus dem Gemeinschaftsverhältnis an sich oder aus den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB in Betracht: Daraus ergeben sich Informationsrechte, die allen Mitgliedern der WEG-Gemeinschaft zustehen (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20).

Vorrausetzung für einen solchen Anspruch ist allerdings, dass der Eigentümer die gewünschten Informationen nicht bereits im Wege des Einsichtsrecht erlangen kann (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.07.2021, Az.: 2-13 S 120/20). Das bedeutet, das Einsichtsrecht nach § 18 Abs. 4 WEG ist immer vorrangig auszuüben und nur dann, wenn die Unterlagen unergiebig sind, kann eine weitere Auskunft verlangt werden.

III. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Hausverwaltung eine Verpflichtung hat die Wohnungseigentümer über die Verwaltungstätigkeit ausreichend zu informieren. Gesetzlich geregelt ist die Auskunftspflicht der Hausverwaltung allerdings nur in Form eines Einsichtsrechts nach § 18 Abs. 4 WEG. Danach kann jeder Eigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Wichtig ist hier, dass dieser Anspruch allerdings in erster Linie nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht und nicht direkt gegenüber dem Verwalter.

Eigentümergemeinschaft: Wann ist ein Beschluss anfechtbar?

Die Eigentümergemeinschaft versammelt sich nach § 24 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) mindestens einmal im Jahr, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Dort werden oft zahlreiche Beschlüsse getroffen und meistens gehen nicht alle Eigentümer zufrieden mit den beschlossenen Entscheidungen nach Hause. Halten Eigentümer getroffene Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft für unwirksam, gibt das WEG den Weg zur gerichtlichen Überprüfung des Beschlusses vor: Die Anfechtungsklage nach § 44 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. WEG. Damit kann ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentümer durch ein Gericht für ungültig erklären lassen.

Der nachfolgende Artikel erklärt, wann ein Beschluss anfechtbar ist und was bei der Anfechtung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung zu beachten ist.

I.  Wann ist ein Beschluss anfechtbar und wann nichtig?

Zunächst ist es wichtig, zu unterscheiden, wann ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft  (WEG- Gemeinschaft) anfechtbar ist und wann er nichtig ist.

Bei einem nichtigen Beschluss ist der Beschluss von Anfang an nichtig bzw. unwirksam und war somit nie gültig. Meist besteht hier ein grober Verstoß gegen zwingenden Rechtsvorschriften zur Beschlussfassung. Es ist dann eine sog. Nichtigkeitsfeststellungsklage zu erheben.

Bei einem anfechtbaren Beschluss ist der Beschluss so lange wirksam bis er durch ein Gericht für ungültig erklärt wird. Meist haben anfechtbare Beschlüsse formelle oder inhaltliche Fehler (vgl. unter II.)

In der Praxis ist es oft nicht einfach beides abzugrenzen. Die Gerichte prüfen allerdings im Rahmen der Anfechtungsklage auch immer die mögliche Nichtigkeit des Beschlusses mit.

II. Beispiele für anfechtbare Beschlüsse

Ein Beschluss kann aus verschiedenen Gründen anfechtbar sein. Die Anfechtung eines Beschlusses der WEG- Gemeinschaft  kann dabei sowohl auf formelle als auch auf inhaltliche Mängel gestützt werden.

Hier einige Beispiele:

1.  Formelle Fehler eines Beschlusses

Beispiele für anfechtbare Beschlüsse wegen formellen Fehlern sind,

  • Beschlüsse einer Eigentümerversammlung die fehlerhaft einberufen wurde, d. h. die Einladung war fehlerhaft, weil die Einladungsfrist zur kurz war oder Tagesordnungspunkte fehlten bzw. unzureichend angegeben wurden etc.
  • Beschlüsse zu Sachverhalten die nicht als Tagesordnungspunkt gefasst wurden.
  • Beschlüsse, bei denen einzelne Eigentümer unrechtmäßig zur Abstimmung ausgeschlossen wurden.
  • Beschlüsse des Umlaufverfahrens die nicht allstimmig gefasst wurden.
  • Beschlüsse bei denen Fehler in der Abstimmung vorlagen, z.B. fehlerhafte Stimmauszählung, fehlende Mehrheit für Sanierungsbeschluss nach altem WEG- Recht (vgl. Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 22.03.2022, Az.: 55 S 37 /21) etc.

2. Inhaltliche Fehler eines Beschlusses

Beispiele für anfechtbare Beschlüsse wegen inhaltlichen Fehlern sind,

  • Beschlüsse, die unbestimmt, unklar oder mehrdeutig formuliert sind.
  • Beschlüsse, die gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen; z.B. unwirtschaftliche Entscheidungen bei kostenintensiven baulichen Maßnahmen; fehlende Einholung mehrerer Kostenvoranschläge, vorschnelle Beauftragung einer Fachfirma etc.
  • Beschlüsse über die Jahresabrechnung oder Hausgeldnachforderungen, deren Berechnung oder Berechnungsgrundlage falsch ist.
  • Beschlüsse, die inhaltlich gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen.
  • Beschlüsse, die Gebrauchsrechte der (einzelnen) Eigentümer unzulässig einschränken.
  • Beschlüsse, die einzelnen Eigentümern unzulässig besondere Kosten auferlegen.
  • Beschlüsse über Verträge oder Vertragsänderungen, die unwirksame Klauseln enthalten; z.B. ein Verwaltervertrag, der eine unwirksame automatische Erhöhung der Verwaltungskosten vorsieht: solche einzelnen unwirksamen Regelungen können den ganzen Beschluss über den Vertragsabschluss anfechtbar machen (vgl. Amtsgericht (AG) Reutlingen, Beschluss vom 20.07.2012, Az.: 9 C 1006/11); etwas anderes gilt nur wenn feststeht, dass die Mehrheit der WEG- Gemeinschaft den teils unwirksamen Verwaltervertrag beschlossen hätte, wenn die Unwirksamkeit bekannt gewesen wäre (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht (OLG), Beschluss vom 10.10.1997, Az.: 5 W 60/97).

III. Wie wirkt sich ein anfechtbarer Beschluss aus?

Allein die Tatsache, dass ein Beschluss anfechtbar ist, hat zunächst keine Auswirkungen. Der Beschluss der  Eigentümergemeinschaft ist ab dem Zeitpunkt der Verkündung durch den Verwalter gültig, wenn er nicht nichtig ist (vgl. oben unter I.).

Durch die Erhebung der Anfechtungsklage verliert der Beschluss seine Gültigkeit ebenfalls nicht. Die gerichtliche Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer hat also nicht zur Folge, dass der gefasste Beschluss auch nicht mehr umgesetzt werden kann oder die Umsetzung aufgeschoben werden muss (LG München I, Urteil vom 08.08.08, Az.: 1 T 13169/08). Erst dann, wenn das Gericht zu dem Urteil gelangt, dass der Beschluss aufzuheben ist und es den Beschluss für ungültig erklärt, wird die Wirksamkeit des Beschlusses beseitigt.

Soll verhindert werden, dass ein anfechtbarer Beschluss von der WEG- Gemeinschaft bzw. dem Verwalter ausgeführt wird und damit vollendete Tatsachen geschaffen werden, kann neben der Anfechtungsklage ein Eilrechtsschutzverfahren beantragt werden. Z.B. eine einstweilige Verfügung. Dadurch kann die Durchführung des Beschlusses (z.B. das Fällen von Bäumen oder die Ausführung bestimmter Baumaßnahmen etc.) untersagt werden, bis das Hauptverfahren der Anfechtung rechtskräftig abgeschlossen ist.

Erhebt niemand eine Anfechtungsklage gegen einen anfechtbaren Beschluss, wird der Beschluss rechts- und bestandskräftig — mag er inhaltlich auch noch so falsch sein. Die Wohnungseigentümer müssen sich dann alle an diesen Beschluss halten.

IV. Bis wann ist ein Beschluss anfechtbar?

Ein Beschluss ist bis zum Ablauf der sog. Anfechtungsfrist anfechtbar. Hier gilt § 45 WEG: Danach muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb eines weiteren Monats schriftlich begründet werden.

Die Anfechtungsfrist beginnt am Tag der Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft und nicht erst mit der Zusendung des Versammlungsprotokolls.

Wer diese Frist versäumt kann den Beschluss grds. nicht mehr anfechten. Ein Ausnahme gibt es nur für die Fälle, in denen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann: so, z.B. wenn ein Wohnungseigentümer keine Schuld an der Fristversäumung trifft, weil er an der Fristwahrung schuldlos gehindert wurde. Hier gilt eine Widereinsetzungsfrist von 2 Wochen nach Wegfall des Hinderungsgrundes, vgl.  § 234 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).

V. Wer kann einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft anfechten?

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 WEG kann die Anfechtungsklage bereits durch einen einzelnen Wohnungseigentümer allein erhoben werden. Es können sich auch mehrere Wohnungseigentümer bei der Klageerhebung zusammenschließen.

Die Klage ist nach § 44 Abs. 2  S. 2 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Wird die Anfechtungsklage offensichtlich falsch adressiert, z.B. mit „gegen alle anderen Wohnungseigentümer“, dann ist der richtige Beklagte durch Auslegung zu ermitteln (vgl. LG Berlin, Urteil vom 22.03.2022, Az.: 55 S 37 /21).

VI. Rechtsfolge der Anfechtung: Aufhebung des Beschlusses

Nach erfolgter Anfechtung eines Beschluss bestimmt sich die Rechtsfolge nach dem Ausgang des Rechtsstreits. Erklärt das Gericht den Beschluss für ungültig, fällt er so zusagen rückwirkend weg. Das bedeutet, es wird rechtlich unterstellt, dass der Beschluss nie gefasst worden sei.

Für Wohnungseigentümer kann sich zudem ein sog. Folgenbeseitigungsanspruch ergeben, wenn der Beschluss zwischenzeitlich ganz oder teilweise umgesetzt wurde. D.h. es kann verlangt werden, dass die aufgrund des ungültigen Beschlusses umgesetzten Maßnahmen rückgängig gemacht werden.

VII. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Zweifel jeder Beschluss der Eigentümergemeinschaft anfechtbar ist. Die Anfechtungsklage ist innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung zu erheben und innerhalb von zwei Monaten zu begründen. Es können formelle und inhaltliche Fehler des Beschlusses angegriffen werden. Bis zum Urteil, dass den Beschluss für ungültig erklärt bleibt der Beschluss wirksam und damit auch durchführbar!

Eigentümergemeinschaft: Wann ist ein Beschluss nichtig?

Eigentümerversammlungen sind vom Verwalter mindestens einmal im Jahr einzuberufen und es finden zahlreiche Beschlussfassungen statt. Dazu kommen außerordentliche Eigentümerversammlungen und Umlaufverfahren, in denen die Wohnungseigentümer ihre Entscheidungen durch Beschlüsse statuieren. Das dabei nicht jeder Beschluss von allen Eigentümern als gültig angesehen wird, ist nur logisch. Doch wann ist ein Beschluss wirklich ungültig und nichtig? Woran erkennt man die Nichtigkeit eines Beschlusses des Eigentümergemeinschaft?

Der nachfolgende Artikel, erklärt wann ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft nichtig ist, gibt Beispiele aus der Praxis und grenzt den nichtigen Beschluss von dem anfechtbaren Beschluss ab.

I. Was ist der Unterschied zwischen einem nichtigen und einem anfechtbaren Beschluss?

Wann ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig ist, wird im § 23 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ausdrücklich definiert: Danach ist ein Beschluss nichtig, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wird.

Das bedeutet, dass Beschlüsse die z.B. gegen das WEG, Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung, die Teilungserklärung oder gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen nichtig sind. Eine Ausnahme gilt nur bei Vorschriften auf deren Einhaltung verzichtet werden kann.

Im Unterschied zu einem anfechtbaren Beschluss ist ein nichtiger Beschluss von Anfang an ungültig.

Seine Ungültigkeit muss also nicht erst durch ein Gericht beschlossen werden, sondern sie ist von sich aus gegeben. Daher ist bei einem nichtigen Beschluss die Nichtigkeitsfeststellungklage § 44 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG die statthafte Klageart. Bei einem anfechtbaren Beschluss ist es die Anfechtungsklage.

Da in der Praxis eine Abgrenzung oft nicht einfach ist und es in der Regel nicht offensichtlich ist, ob ein nichtiger oder nur anfechtbarer Beschluss vorliegt, werden oft beide Klagearten gelichzeitig geltend gemacht.

Mehr zu dem anfechtbaren Beschluss lesen Sie hier: Eigentümergemeinschaft: Wann ist ein Beschluss anfechtbar?

II. Beispiele: Wann ein Beschluss nichtig ist

Wie bereits angeführt, verstoßen nichtige Beschlüsse regelmäßig gegen eine Rechtsvorschrift des WEG, die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich somit z.B. daraus ergeben, dass die Eigentümerversammlung Dinge beschließt, die über Ihre Beschlusskompetenz hinausgehen. Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) gilt ein Beschluss der Wohnungseigentümer als nichtig, soweit er Regelungen enthält, die nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung und den Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung einer Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich sind (vgl. (vgl. BGH, Urteil vom  09.03.2012, Az.: V ZR 147/11; BGH, Beschluss vom 20. September 2000, Az.: V ZB 58/99; BGH; Beschluss vom 2. Juni 2005, Az.: V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 179).

Die Nichtigkeit eines Beschlusses droht zudem, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer  einen Beschluss fasst, der völlig unbestimmt, in sich widersprüchlich oder sachlich undurchführbar ist (vgl. Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 05.05.2013, Az.: 55 S 52/12 WEG). Wann ein Beschluss zu unbestimmt ist, ist allerdings immer durch Auslegung zu ermitteln. Dazu hat das LG Hamburg z.B. erklärt, dass ein Beschluss jedenfalls dann noch nicht nichtig ist, wenn eine durchführbare Regelung noch erkennbar ist. Solange also ein Regelungsinhalt erkennbar ist mag der Beschluss zwar anfechtbar sein, aber nicht nichtig. Nur dann, wenn selbst durch Auslegung (nach objektiv-normativen Kriterien) der Inhalt des Eigentümerbeschlusses

  • nicht eindeutig feststellbar oder
  • widersprüchlich ist oder
  • ohne erkennbare vollziehbare Regelung ist oder gar bedeutungslos,

liegt eine Nichtigkeit des Beschlusses der Eigentümerversammlung vor (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 28.03.2012, Az.: 318 S 45/11).

Soweit bei der Auslegung des Beschlusses Begleitumstände heranzuziehen sind, sind diese nur relevant, wenn diese auch für einen objektiven Betrachter aus dem Protokoll erkennbar sind (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.09.1998, Az.: V ZB 11/98). Das bedeutet, Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen bei der Auslegung des Inhalts eines Beschlusses nur dann herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z. B. weil sie sich aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben.

Hier einige Beispiele aus der Rechtsprechung zu nichtigen Beschlüssen wegen Unbestimmtheit oder fehlender Beschlusskompetenz:

  • Beschluss über eine Hausordnung mit Musizierverbot:

Der Beschluss über eine Hausordnung mit der Regelung: „Das Singen und Musizieren ist nur von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr und 20.00 Uhr in nicht belästigender Weise und Lautstärke gestattet. Rundfunk- und Fernsehgeräte, Plattenspieler usw. dürfen nur in der Lautstärke betrieben werden, dass die Mitbewohner nicht belästigt werden“ ist mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Die Regelung ist zu unbestimmt, da sich weder aus der getroffenen Regelung noch aus der Niederschrift der Wohnungseigentümerversammlung entnehmen lässt, in welchen Fällen und unter welchen Umständen das Musizieren eine Belästigung darstellt ( vgl. BGH, Urteil vom 10.09.1998, Az.: V ZB 11/98).

  • Beschluss zur Begründung von Sondernutzungsrechten (Freischankfläche im Vorgarten) durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung unzulässig:

Ein Sondernutzungsrecht kann nur durch Vereinbarung begründet werden. Durch Beschlussfassung können nur solche Angelegenheiten geordnet werden, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entschieden werden darf, anderenfalls bedarf es einer Vereinbarung. Beschlüsse, die ohne Beschlusskompetenz getroffen werden sind nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2000, Az.: V ZB 58/99).

  • Beschluss über Jahresabrechnung der Rückstände aus dem Vorjahr zwecks Begründung einer Zahlungsverpflichtung in die Abrechnung einbezieht:

Beitragsrückstände sind kein zulässiger Bestandteil einer Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 WEG. Die Jahresabrechnung ist auf die Abrechnung der Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse beschränkt. Damit fehlt den Wohnungseigentümern hinsichtlich solcher abrechnungsfremden Positionen die Beschlusskompetenz im Rahmen des Beschlusses zur Jahresabrechnung, Zahlungsverpflichtungen durch Mehrheitsbeschluss zu begründen. Die Aufnahme der Vorjahresrückstände in die Jahresabrechnung hat daher die Nichtigkeit des darauf bezogenen Teils des Beschlusses zur Folge (vgl. BGH, Urteil vom  09.03.2012, Az.: V ZR 147/11).

  • Beschluss über Änderung der Teilungserklärung (Kostenverteilung):

Die Wohnungseigentümer sind zu einer Änderung der Teilungserklärung durch eine Mehrheitsentscheidung grundsätzlich nicht in der Lage. Anders verhält es sich nur, wenn die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel aufweist, wenn Gegenstand der Beschlussfassung die Verteilung von Betriebskosten nach Verursachung ist, § 16 Abs. 3 WEG, oder wenn über die Kostenverteilung in einem Einzelfall entschieden werden soll, § 16 Abs. 4 WEG. Ein Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung der Teilungserklärung ist daher wegen fehlender Beschlusskompetenz unwirksam (BGH, Urteil vom 25.09.2009, Az.: V ZR 33/09).

  • Beschluss über Änderung des Umlageschlüssels unbestimmt:

Ein Beschluss über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einzelner Abrechnungspositionen ist zu unbestimmt, wenn sich die Berechnungsgrundlage nicht aus dem Beschluss bzw. dem Protokoll der Eigentümerversammlung ergibt. So z.B. wenn es heißt “Die Eigentümerversammlung beschließt die Änderung des Umlageschlüssels in der Abrechnung für die Betriebs- und Verwaltungskosten von Miteigentumsanteile auf qm-Wohnfläche“ obwohl nicht für alle Flächen Flächenangaben in der Teilungserklärung enthalten sind und damit unklar ist auf welche Wohnflächenangaben Bezug genommen wird (vgl. Amtsgericht (AG) Norderstedt, Urteil vom 05.12.2012, Az.: 44 C 283/12).

  • Beschluss über die generelle Fortgeltung des Wirtschaftsplans ist nichtig:

Die Wohnungseigentümer haben lediglich die Kompetenz zu beschließen, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan fortgelten soll; sie haben keine Beschlusskompetenz eine abstrakt-generelle Regelung zu beschließen, nach der jeder zukünftige Wirtschaftsplan bis zur Verabschiedung eines neuen fortgelten soll. Das bedarf hingegen der Vereinbarung (vgl. Landgericht (LG) Itzehoe, Urteil vom 17.09.2013, Az.: 11 S 93/12; BGH, Urteil vom 14.12.2018, Az.: V ZR 2/18).

III. Wie wirkt sich ein Nichtiger Beschluss aus?

Ist ein Beschluss der Wohnungseigentümer nichtig entfaltet er keinerlei Rechtswirkungen. D.h. der Beschluss ist für die Wohnungseigentümer nicht bindend und darf auch nicht vom Verwalter umgesetzt bzw. durchgeführt werden. Anderenfalls macht sich der Verwalter gegenüber der Eigentümergemeinschaft schadenersatzpflichtig (AG München, Urteil vom 16.01.19, Az.: 85 C 15894/18 WEG).

IV. Wer stellt die Nichtigkeit fest?

Die Nichtigkeit eines Beschlusses einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist eine gesetzliche Rechtsfolge, wenn die Voraussetzungen der Nichtigkeit vorliegen. Ein nichtiger Beschluss ist also nie wirksam.  Die Feststellung der Nichtigkeit durch ein Gericht hat vielmehr Klarstellungsfunktion.

Durch die gerichtliche Feststellung wird diese Rechtsfolge gerichtlich bestätigt. Jeder Eigentümer kann bei dem zuständigen Gericht beantragen, dass der betreffende Beschluss nichtig ist. Eine Frist gibt es hier nicht. Der Feststellungsantrag ist jederzeit zulässig. Für die Feststellung der Nichtigkeit gilt nicht die einmonatige Anfechtungsfrist nach § 45 WEG, die Berufung auf die Nichtigkeit solcher Beschlüsse ist zu jeder Zeit möglich.

V. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft immer dann nichtig ist, wenn er

  1. gegen eine Rechtsvorschrift, die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung verstößt oder
  2. zu unbestimmt ist oder
  3. die Eigentümergemeinschaft nicht befugt war, einen entsprechenden Beschluss zu fassen (d.h. die Beschlusskompetenz fehlte).

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